Verband Kommunaler Unternehmen e.V. (VKU)

Interview mit Dr. Andres Hollstein, Geschäftsführer der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen des VKU e.V.

Sauberes Trinkwasser, Versorgung mit Strom und Gas, Bereitstellung telekommunikativer Infrastruktur: sie gehören zu den grundlegenden Diensten einer Kommune. Fallen sie weg, wie derzeit in der Ukraine durch die die russischen Angriffe auf die zivile Infrastruktur, ist ein geregeltes Leben unmöglich. Eine funktionierende Infrastruktur ist die Voraussetzung dafür, dass Menschen weiter in der Ukraine leben oder in ihre Heimatstädte zurückkehren können. Über Fragen der Unterstützung beim Wiederaufbau kommunaler Infrastruktur in der Ukraine durch den Verband kommunaler Unternehmen (VKU) haben wir mit Dr. Andreas Hollstein, Geschäftsführer der Landesgruppe NRW des VKU, gesprochen. 

Sehr geehrter Herr Dr. Hollstein, Sie sind Geschäftsführer des VKU NRW. Was ist der VKU, und was sind Ihre Aktivitäten hier in NRW?

Dr. Hollstein: Der VKU NRW ist ein Interessenverband, der die kommunale Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen vertritt. Wir setzen uns dafür ein, unsere 335 kommunalen Unternehmen und Kommunen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft und Telekommunikation bestmöglich zu unterstützen. Dabei verfolgen wir unterschiedliche Ansätze. Wir nehmen zum Beispiel aktiv an politischen Diskussionen teil und machen auf wichtige Anliegen der Stadtwerke aufmerksam. Regelmäßige Veranstaltungen, Schulungen, Rechtsberatung und Workshops runden unsere Tätigkeit ab.

Unterstützung für die Ukraine und der VKU: wie hängt beides zusammen?

Dr. Hollstein: Als kommunale Unternehmen und Kommunen arbeiten wir nah an den Menschen und ihren Bedürfnissen. Eine starke kommunale Wirtschaft sichert den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort eine zuverlässige Versorgung mit Energie, Wasser, Abfallentsorgung und Telekommunikation. Der VKU ist bereit, sein Know-how und seine Expertise im Bereich kommunaler Dienstleistungen mit der Ukraine zu teilen. Dafür wurde auf der Bundesebene unseres Verbandes in Berlin eigens eine zuständige Stelle geschaffen, die sich speziell um diesen Themenbereich kümmert. So können ukrainische Kommunen von den Erfahrungen der deutschen Stadtwerke  profitieren und effizientere und nachhaltigere Lösungen beim Wiederaufbau ihrer Infrastruktur entwickeln. Darüber hinaus kann der VKU  auch teilweise technische Unterstützung in Bereichen wie Energieversorgung, Wassermanagement und Abfallwirtschaft anbieten. Durch Partnerschaften und Kooperationen zwischen deutschen kommunalen Unternehmen und ukrainischen Partnern wird der Austausch von Technologie, Fachwissen und Geschäftsmöglichkeiten erleichtert. Unsere Unternehmen im VKU wollen die Ukraine angesichts der schwierigen Lage gerne weiterhin auf verschiedenste Weise unterstützen.

Können Sie uns konkrete Beispiele dieser Unterstützung, auch für NRW, nennen?

Dr. Hollstein: Natürlich, gerne. Ein konkretes Beispiel ist die Initiative “Water4Ukraine”. Aufgrund der verheerenden Bombardements der russischen Armee ist die Wasserversorgung in weiten Teilen der Ukraine zusammengebrochen, wodurch Städte, Dörfer und Kommunen ohne Strom und Wasser waren. Angesichts dieser Situation, bat die Ukraine um Hilfe, um die kommunale Wasserversorgung wiederaufzubauen und die elementare Versorgung der Bevölkerung mit Wasser sicherzustellen. Infolgedessen wurde die Initiative “Water4Ukraine” von Civitas Connect e. V. ins Leben gerufen. In dieser Kooperationsplattform haben sich mehr als 40 kommunale Partner, darunter Städte, Kreise und kommunale Energiedienstleister, zusammengeschlossen. Es besteht zudem eine enge Zusammenarbeit mit dem Wirtschafts- und dem Finanzministerium NRW, die die Initiative über die internationale Wirtschaftsförderung NRW.Global.Business fördern. Diese Initiative sammelt bereits seit einem Jahr dringend benötigtes technisches Material wie Notstromaggregate, Pumpen und andere technische Hilfsgüter und koordiniert den Transport dieser Güter in die Ukraine. Vor Ort nutzen Volodymyr Bilynskyy, der stellvertretende technische Geschäftsführer der Wasserwerke Lwiw, und sein Team dieses Material, um die Wasserversorgung in den am schwersten beschädigten Gebieten der Ukraine wiederaufzubauen.

Sie waren lange Zeit Bürgermeister einer Stadt mit mehreren Städtepartnerschaften und sind seit kurzem Polonia-Beauftragter der Landesregierung. Wie schätzen Sie das Potential der internationalen Zusammenarbeit von kommunalen Unternehmen und Kommunen ein? (Insbesondere im Hinblick auf die aktuelle Situation in der Ukraine?)

Dr. Hollstein: Die internationale Zusammenarbeit von Stadtwerken und Kommunen hat ein enormes Potential, das in schwierigen Zeiten wie diesen besonders deutlich wird. Partnerschaften erweisen sich als erfolgreich, wenn engagierte Menschen in Kommunen, Stadtwerken und als Bürgerinnen und Bürger eng zusammenarbeiten. Partnerschaften sind Plattformen des gegenseitigen Lernens und für Freundschaften. Denn hier entstehen Kontakte und Erfahrungen zwischen Menschen. Die Ukraine hat trotz der leider noch anhaltenden Angriffe gute Chancen für einen Neuanfang und Wiederaufbau nach dem Krieg. Wir wollen der Ukraine und ihren tapferen Bürgerinnen und Bürgern helfen, sich dauerhaft einen Platz in Europa zu sichern. Partnerschaften vor Ort werden dabei einen wertvollen Beitrag leisten. Wir beginnen ja auch nicht bei “Null“. Es gibt die bereits dargestellte Hilfe der Stadtwerke, es gibt Städtepartnerschaften und zum Glück auch vielfältige humanitäre Hilfe. Außerdem haben wir bereits viele Menschen aus der Ukraine zu Gast in Nordrhein-Westfalen, die die Sprachbarriere überwinden. All diese Aktivitäten bringen wertvolles Wissen und Erfahrungen für alle Seiten. Wenn es dann auch gelingt Schulen, Sport und Kultur in diese Partnerschaften einbeziehen, wird eine enge Verbundenheit entstehen, die von Generation zu Generation weitergetragen werden kann. Die Kommunalen Unternehmen und Kommunen aus Deutschland stehen weiterhin an der Seite der Ukraine. Sie können und wollen ihre Erfahrungen und Ressourcen einbringen, um den Wiederaufbau und die Entwicklung der betroffenen Regionen zu unterstützen.

Dr. Hollstein, wir danken Ihnen für das Interview.

Das Interview führte Beate Brockmann

Fotos: pixabay

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