Interview mit Monika Klein

Partnerschaftsverein Rosendahl-Entrammes baut „am grünen Haus Europa“


Monika Klein
1. Vorsitzende des Partnerschaftsverein Rosendahl – Entrammes/Forcé/Parné sur Roc e.V

Seit 1970 verbindet Rosendahl eine Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Entrammes. 1995 sind die beiden Nachbarorte Forcé und Parné-sur-Roc offiziell der Partnerschaft beigetreten. Im Jahr 2009 wurde aus dem bis dahin bestehenden Partnerschaftskomitee der eingetragene Verein „Partnerschaftsverein Rosendahl – Entrammes / Forcé / Parné-sur Roc“. Wir haben mit der 1. Vorsitzenden Monika Klein über die langjährige und erfolgreiche Vereinsgeschichte gesprochen und ganz besonders das beispielhafte Engagement des Vereins im Bereich der Nachhaltigkeit in den Fokus genommen.

Unter dem Motto „Wir bauen am grünen Haus Europa“ stellte der Partnerschaftsverein Rosendahl-Entrammes gemeinsam mit seinen französischen Freunden das 50-jährige Bestehen der Partnerschaft unter das Zeichen der Nachhaltigkeit


Frau Klein, die Gemeinde Rosendahl hat nun bereits seit 50 Jahren eine erfolgreiche Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Entrammes, später ergänzt um die Nachbarorte Forcé und Parné-sur-Roc. Auf beiden Seiten ist das Interesse der Zivilgesellschaft an dieser Partnerschaft groß und scheint auch durch die Corona-Beschränkungen nicht abgenommen zu haben. Wie groß ist der Beitrag des Partnerschaftsvereins Rosendahl – Entrammes / Forcè / Parnè-sur Roc, dessen 1. Vorsitzende Sie sind, an diesem wunderbaren Erfolg?

Die kurze Antwort lautet: sehr groß! Der Partnerschaftsverein liefert sowohl die Ideen wie auch die Umsetzung für die meisten Veranstaltungen und Projekte. Die Gemeinde unterstützt eher punktuell, mit Bereitstellung von Räumlichkeiten, kleinen Zuschüssen für Reisekosten etc. oder auch einmal mit Personal. Aber das meiste leistet tatsächlich der Partnerschaftsverein. Über die Jahre und Jahrzehnte haben sich insbesondere unsere jährlichen Austausche mit generationsübergreifenden Begegnungen über das Christi-Himmelfahrt-Wochenende als Anker erwiesen. Diese Begegnungen haben mit ihrem bewährten Format der Unterbringung in Familien und vielen interessanten Aktionen regelmäßig mehr als 300 Teilnehmende zum Mitmachen motiviert. Von Anfang an haben wir die Jugendlichen dabei mit ins Boot geholt, mit regelmäßigen Kinder- und Jugendaustauschen, und auch der Schaffung eigener Jugendstrukturen, einem Jugendkomitee, das auch eigene Ressourcen für seine Projekte erhält.

Der Partnerschaftsverein mit rund 250 Mitgliedern stellte von Beginn an die Förderung der Völkerverständigung und der europäischen Idee in den Mittelpunkt. Verstärkt rückt nun das Thema Nachhaltigkeit für Sie in den Fokus. Welche Bedeutung hat das Thema Nachhaltigkeit in Städtepartnerschaften für Sie und was hoffen Sie damit zu bewegen?

Die Nachhaltigkeit spielt bei unseren Austauschen tatsächlich schon länger eine Rolle. Das fängt damit an, dass wir die Logistik unserer Begegnungen möglichst nachhaltig planen – etwa die Anreise gemeinsam mit Bussen, aber auch Fragen der Verpflegung: möglichst abfallarm und mit effizienter Ressourcennutzung. Spannend ist auch immer wieder das Thema Mülltrennung, bei dem die französische Seite immer noch über das vielfältige deutsche Tonnensystem staunt, wenn sie bei uns zu Besuch ist, auch wenn natürlich in Frankreich die Mülltrennung und das Recycling mittlerweile längst angekommen sind. Allgemein ist es unglaublich bereichernd, in den Austausch zu diesen Themen zu kommen – die Sichtweisen und Debatten sind jenseits des Rheins eben oftmals noch wieder ganz andere.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Digitalisierung: durch die Möglichkeit, Treffen online statt in Präsenz durchzuführen, kann viel CO2 gespart werden. Natürlich läuft die Kommunikation heute per Email. Wir machen mittlerweile unsere Jahrestreffen mindestens einmal online, meist im Januar zum Jubiläum des Elysée-Vertrags. Und da wir unsere Öffentlichkeitsarbeit verstärkt über die Sozialen Medien spielen, müssen wir weniger Berichte und Unterlagen in Papierform per Post durch die Weltgeschichte schicken. Außerdem erreichen wir dadurch auch eine jüngere Zielgruppe. Unser Instagram-Account zum Beispiel, https://www.instagram.com/rosentrammes.eu, ist ein echter Erfolg und hat sich sehr gut entwickelt! Wir wollten aber schon seit einiger Zeit gerade im Bereich Nachhaltigkeit noch tiefer gehen, daher auch die Idee, unser Jubiläumsjahr 2020 unter das Motto „Wir bauen am grünen Haus Europa“ und damit auch Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu stellen.

Welche Projekte hat der Verein in Zusammenarbeit mit den französischen Partnern zum Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit gemeinsam angeboten und wie wurden diese angenommen?

Wir haben ja bereits 2019 mit der Planung angefangen und hatten tolle Ideen. Wir wollten einen Wettbewerb zu CO2-Sparen ausrichten, in etwa mit derselben Herangehensweise wie wir bei der Europawahl die Challenge ausgerufen hatten, eine möglichst hohe Wahlbeteiligung in unseren Partnerstädten zu erreichen. Die Idee ging auf den von der Auslandsgesellschaft.de e.V. 2019 veranstalteten „Tag der Städtepartnerschaften“ zurück und einen Austausch, den wir dort mit einer Klimaschutzbeauftragten der Stadt Essen hatten. Die ursprüngliche Idee war, dass die Mitglieder unseres Partnerschaftsvereins in allen Partnerstädten sich in Kleingruppen zusammenfinden und jeweils ein Projekt der Nachhaltigkeit entwickeln, umsetzen und mit einem Foto dokumentieren sollten – egal ob im Bereich Plastikmüllvermeidung, Mobilität, Ernährung oder Naturschutz… Im Anschluss hätte das Jugendkomitee Preisträger*innen gekürt, die dann als Preis kleine Bäume oder Samentütchen erhalten hätten. Wir haben ja die Erfahrung gemacht, dass ein Wettbewerb die Menschen wirklich motiviert. Allerdings: das Coronajahr 2020 war dann doch sehr herausfordernd, wir mussten unsere Ziele etwas zurechtstutzen. So haben wir den Wettbewerb in der geplanten Form bislang nicht umsetzen können.

Wir hatten dann aber doch zwei Begegnungsprojekte im Jahr 2022 – zum einen einen Jugendaustausch, der in Frankreich stattfand, und zum anderen unser „Großes Treffen“ in Rosendahl, welches traditionsgemäß über Christi-Himmelfahrt stattfindet. Beide waren ein großer Erfolg.

Wie immer versuchen wir dabei, ein altersgestaffeltes Programm anzubieten.  Bei der Jugendbegegnung haben wir in gemischten Gruppen ein sogenanntes „Klima-Fresko“ erarbeitet. Dabei werden sämtliche Aspekte zum Thema Klimaschutz gemeinsam besprochen und beleuchtet. Dieser Workshop hat sehr dabei geholfen, die deutschen und französischen Jugendlichen zu verbinden. Dazu gab es natürlich auch andere Aktivitäten – den Besuch eines Soldatenfriedhofs, einer Abtei, ein Abstecher nach Paris und den Besuch des Wissenschaftsparks von La Villette, aber auch des französischen Parlaments und natürlich des Eiffelturms.

Beim Treffen in Rosendahl haben wir den Schwerpunkt auf Energie und Recycling gelegt, einen Wertstoffhof und eine Biogasanlage in Coesfeld besucht und den Bioenergiepark in Saerbeck. Für die Jüngeren gab es die Möglichkeit, Nistkästen zu bauen und an kleinen Windkraftanlagen zu tüfteln. Außerdem gab es Workshops zur heimischen Pflanzenwelt und zur nachhaltigen Gestaltung und Pflege von Gärten. Aber auch der Sport kam nicht zu kurz mit Tanz, Kletterwald, Kanufahren und Bogenschießen – denn so erreichen wir auch die jungen Familien.

Quelle: Ouest France

Artikel in der in der Allgemeinen Zeitung

22.04.2022: Jugendbegegnung des Partnerschaftsvereins im vollen Gange: Ein langersehntes Wiedersehen
30.05.2022: Franzosen aus der Partnergemeinde zu Gast in Rosendahl: Freudige Begegnung mit frischem Wind


Erscheint Ihnen das Interesse am Thema Nachhaltigkeit in beiden Ländern ähnlich groß? Sehen Sie Unterschiede und wenn ja, welche?

Das Interesse ist auf beiden Seiten sehr groß. So wie ich das sehe, sind mittlerweile doch fast alle für die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz sensibilisiert. Und klar gibt es trotzdem Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland. Genau das ist ja das Bereichernde an unseren Begegnungen und Themenaktionen. Wie vorhin schon beschrieben: von französischer Seite besteht weiterhin viel Interesse an der deutschen Mülltrennung. Wir hingegen können viel im Bereich Ernährung von unseren französischen Partnern lernen. Interessant ist zum Beispiel aber auch, dass man in Frankreich viel mehr Urlaub im eigenen Land macht als bei uns, wo viele gerne zu Fernreisen per Flugzeug aufbrechen.

Es ist völlig klar, dass uns das Thema Nachhaltigkeit in der Zukunft weiterhin sehr beschäftigen wird. Wir bleiben also am Ball. 

Ist Nachhaltigkeit ein generationenübergreifendes Thema in der Vereinsarbeit oder wurde es z.B. durch Ihre – sehr aktive – Vereinsjugend an Sie herangetragen?

Sowohl als auch: natürlich fungiert bei uns der Vereinsvorstand als Ideengeber. Aber wir legen viel Wert auf generationsübergreifende Arbeit und hören sehr genau zu, was unsere Jugendlichen sagen. Dabei finden sich eigentlich auf beiden Seiten der Altersskala Anknüpfungspunkte – bei den Älteren ist ja oft noch die Erfahrung vorhanden, dass man früher nicht diese Fülle an Besitztümern und Gegenständen besaß, dass man Dinge reparierte statt wegwarf. Auch die Idee der Bewahrung der Schöpfung spielt bei Älteren vielfach eine Rolle. Bei den Jüngeren heißt es dann „Recycling“ oder sogar „Upcycling“, und auch das Anliegen, Klima, Umwelt, Natur zu schützen, findet sich natürlich wieder. Zusammengefasst: wir tauschen uns aus und lernen voneinander, generationenübergreifend.

Anlässlich der Jugendbegegnung im April 2022 in Frankreich und der Partnerschaftsbegegnung im Mai 2022 in Rosendahl haben Sie gemeinsam mit Ihren französischen Freunden das Projekt „Wir bauen am grünen Haus Europa“ realisiert. Dieses Projekt wurde vom Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) und dem Europäischen Förderprogramm CERV unterstützt und gefördert. Erzählen Sie uns bitte davon!

Ja, die Antragstellung haben wir bei beiden Fördergebern bereits im Herbst/Winter 2019 gemacht. Und dann konnten wir die Projekte im Jubiläumsjahr 2020 und im Folgejahr 2021 wegen Corona gar nicht durchführen. Zum Glück waren die Fördergeber aber flexibel und haben uns eine Fristverlängerung gewährt, so dass beide Projekte dann wie vorhin beschrieben im jetzt ablaufenden Jahr, 2022, stattfinden konnten.

Und was sind Ihre nächsten Pläne?

2024 kommt ja die nächste Europawahl. Die möchten wir gerne wieder auf Kommunal- sowie auf Kreisebene mit Aktionen begleiten. Dabei wollen wir insbesondere auch junge Menschen ins Boot holen, mit einer bunten Mischung aus Party, Musik, sowie mit gesellschaftsrelevanten Themen wie Klimaschutz und Europa. Fast alle unserer Engagierten im Partnerschaftsverein bringen ja ihre Lebenswirklichkeit und ihre berufliche Praxis in die Vereinsarbeit ein – und da gibt es einfach eine Fülle von Anknüpfungspunkten, gerade beim Thema Europa. Die Menschen sind in so vielfältiger Weise in ihrem Alltag mit Europa konfrontiert, und viele interessieren sich gar nicht so sehr für die Europäischen Institutionen, sondern viel mehr für die Grundfreiheiten der Europäischen Union – Personen, Waren, Dienstleistungen, Geld – und wie die mit ihrem täglichen Leben zusammenhängen. Da arbeiten wir natürlich auch eng mit unserem EDIC (Europe Direct Informationszentrum) in Steinfurt zusammen. Sie sehen: die Themen gehen uns noch lange nicht aus.

Frau Klein, vielen Dank für das Interview!

Interview: Beate Brockmann

Website Partnerschaftsverein Rosendahl – Entrammes/Forcé/Parné sur Roc e.V–>

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