Porträt einer NRW-Ukrainischen Kommunalpartnerschaft


Die Kurzporträts nordrhein-westfälisch-ukrainischer Partnerschaften bieten einen Überblick, Tipps, Best Practices – nutzen Sie sie als Ideenfundgrube für eigene Projekte, oder als Anstoß zu Austausch und Vernetzung.

Interview mit Tobias Püllen, Stadt Hürth
1. Wie sind Sie zusammengekommen, woher stammte der Erstkontakt?
Der erste Kontakt beider Bürgermeister wurde 2018 in Skawina geknüpft, als die polnische Partnerstadt ihr zehnjähriges Partnerschaftsjubiläum mit Peremyshlyany beging. Darauf folgte ein intensiver Austausch beider Verwaltungen und Feuerwehren, mehrere Gegenbesuche sowie einige Projekte, die mit Unterstützung der SKEW gemeinsam durchgeführt und auf den Weg gebracht wurden.
2. Was waren die Auswahlkriterien und Motive? Gab bzw. gibt es Ansätze für gemeinsame Projekte?
Die durch die persönlichen Begegnungen entstandenen Kontakte waren das leitende Motiv der Initiierung einer offiziellen Städtefreundschaft.
3. Hatten Sie im Vorfeld Kontakt mit anderen Kommunen / sonstigen Akteuren? Leisten Sie Nothilfe und sind darüber hinaus eine Solidaritätspartnerschaft eingegangen?
Kontakt bestand vor der Partnerschaft bereits mit der gemeinsamen polnischen Partnerstadt Skawina. Wie oben beschrieben wurden bereits vor der Unterzeichnung eines Partnerschaftsvertrages Delegationsbesuche unternommen und Projekte realisiert.
Die Stadt Hürth leistet gemeinsam mit dem Partnerschaftsverein Hürth sowie anderen Vereinen seit Beginn des Krieges humanitäre Nothilfe. Eine Solidaritätspartnerschaft besteht nicht, da die Vertragsunterzeichnung bereits vor Ausbruch des großflächigen Angriffskrieges Russlands erfolgte.
4. Was waren bisherige Erfolge Ihrer Partnerschaft?
Bereits vor Ausbruch des Krieges hat die Stadt Hürth einen regen Know-How-Transfer der Feuerwehren betrieben. Zudem konnte bereits vor dem Krieg im Jahre 2018 u. a. ein Löschfahrzeug an die ukrainische Partnerstadt gegeben werden, welches dort immer noch im Einsatz ist. Seit dem Krieg liegt der Fokus der Zusammenarbeit vor allem auf der humanitären Nothilfe. Stand heute hat die Stadt Hürth seit Kriegsbeginn folgende Hilfe an die Partnerstadt übergeben können:
– 23 Sattelzüge mit verschiedenen Hilfsgütern
– Über 740 Europaletten
– 3 ausgeführte Fahrzeuge (MTF -Medizinische Task Force-, Müllfahrzeug,
Containerfahrzeug) sowie Kippmulde und Anhänger
– Über 910.000 € Warenwert (Finanziert durch Spenden Partnerschaftsverein,
Bundesmittel, Lions-Club, Prinzengarde und Gaudeamus sowie weiteren)
– 59 Generatoren; darunter ein 132- und ein 62-kVA-Generator (Wasserversorgung,
Notstrom Kranken- und Rathaus)
– Medizinische Hilfe und Krankenhausbedarf, darunter ein mobiles Röntgengerät
(84.000 €), ein Ultraschallgerät, Ersthilfe-Sets, Medikamente, Krankenhausbetten
– Diverse andere Güter: Lebensmittel, Hygieneartikel, Funktionskleidung,
Spielgeräte für Spielplatz, Werkzeug, Industrieküche usw.
– Wie geht’s weiter? Überführung eines Drehleiterfahrzeuges, eines
Multifunktionsfahrzeuges sowie eines Hubarbeitsbühnen-Fahrzeuges.
5. Ihr Tipp an andere Kommunen und Kreise: was sind gute Wege, um Fördermittel / Spenden zu erhalten?
SKEW sowie GIZ sind und waren für uns sehr gute Ansprechpartner. Viele Projekte konnten durch Finanzmittel der genannten Organisationen realisiert werden.
Die Stadt Hürth und der Partnerschaftsverein haben verschiedene kreative Aktionen initiiert, um Spendengelder zu generieren: T-Shirt-Verkauf, Benefizkonzerte, Märkte und vieles mehr.
6. Wie steht es mit den personellen Mitteln für die Partnerschaftsbetreuung?
Die Partnerschaftsbetreuung wird im Bürgermeisterbüro und durch den Partnerschaftsverein durchgeführt.
7. Inwieweit sind kommunale Versorger in die Partnerschaft eingebunden?
Die Stadtwerke haben u. a. bereits Fahrzeuge für die Partnerstadt zur Verfügung gestellt.
8. Wie ist die Zivilgesellschaft Ihrer Kommune eingebunden?
Es besteht ein lebendiger Austausch zwischen den Partnerschaftsvereinen. Ebenfalls gibt es Vereine, wie den Lions-Club Hürth oder die Karnevalsgesellschaft Prinzengarde Rot-Weiß, die im Austausch mit der Partnerstadt sind. Schüleraustausche zwischen der polnischen, ukrainischen und deutschen Partnerstadt haben bereits stattgefunden und sollen auch künftig stattfinden. Eine Ausweitung der zivilgesellschaftlichen Interaktion der Kommunen ist beabsichtigt.
9. Konnten Sie im Rahmen von Kooperationen mit anderen NRW-Kommunen/ Kreisen Synergien nutzen oder planen Sie solche?
Die Kooperation findet vor allem mit der polnischen Partnerstadt statt; weniger mit anderen Kommunen in NRW.
10. Inwieweit sind Ihre anderen internationalen Partnerschaften in die Partnerschaft mit der Ukraine eingebunden?
Wie oben beschrieben ist die polnische Partnerstadt Skawina als gemeinsame Partnerstadt für die Städtefreundschaft sehr wichtig. Von Beginn an und auch bei der humanitären Hilfe ist Skawina ein wichtiger Partner.
11. Sind auf Seiten Ihrer Stadt Personen aus der ukrainischen Auslands-Community und / oder Geflüchtete aus der Ukraine in der Partnerschaft aktiv?
Es gibt viele aktive Ukrainerinnen und Ukrainer (Geflüchtete oder schon länger hier lebende), die aktiv bei der Ukraine-Hilfe eingebunden sind und/oder den Geflüchteten helfen etwa bei Behördengängen.
12. Gibt es weitere Akteure in der Partnerschaft, oder weitere Bereiche, in denen Kontakte bestehen und Austausch stattfindet (z.B. zwischen Schulen, Hochschulen, Kliniken, Unternehmen, im Bereich Kultur, Sport etc.)?
s. Antwort zu Frage 8
Herr Püllen, wir danken Ihnen für das Interview.
Das Interview führte Beate Brockmann
Über uns
Die Festigung der Städtepartnerschaften in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit Kommunen und Zivilgesellschaft steht im Mittelpunkt unseres Projekts.