Porträt einer NRW-ukrainischen Städtepartnerschaft ??
Hinweis: aktuelle Wappen noch aus Oberhausen und Sapor.


Die Kurzporträts nordrhein-westfälisch-ukrainischer Partnerschaften bieten einen Überblick, Tipps, Best Practices – nutzen Sie sie als Ideenfundgrube für eigene Projekte, oder als Anstoß zu Austausch und Vernetzung.

Interview mit Anna Noddeland, Stadt Bedburg
1. Wie sind Sie zusammengekommen, woher stammte der Erstkontakt?
Aufgrund von privaten Kontakten aus Bedburg und Mykolajiw sind viele Menschen aus Mykolajiw mit Beginn des Kriegs nach Bedburg geflüchtet. Hierdurch entstand Austausch zwischen den Bürger*innen der Städte, sowie der Kommunen, Verwaltungen und den Bürgermeistern. Es war dann schnell der gemeinschaftliche Wille beider Seiten eine Städtepartnerschaft zu gründen, um diese Freundschaft zu definieren und den Austausch mit- und untereinander zu intensivieren.
2. Was waren die Auswahlkriterien und Motive? Gab bzw. gibt es Ansätze für gemeinsame Projekte?
Es kam zu einer Eigendynamik durch die Verbundenheit Mykolajiws und Bedburgs, dadurch, dass binnen Wochen und Monaten rund 300 Personen aus Mykolajiw und der näheren Umgebung nach Bedburg geflohen sind. Die bereits bestehenden privaten Kontakte ermöglichten die schnelle Hilfe für sehr viele Menschen beim Kriegsausbruch Anfang 2022, so dass Transport, Behausung und weiteres für viele Menschen in Bedburg ermöglicht wurde. Zeitnah wurden Begegnungscafés in die Wege geleitet, um den Kontakt zu den Menschen aufzubauen. Die Verwaltungen haben schon vor dem Sommer 2022 festgehalten, dass diese neue, intensive Freundschaft – trotz Größenunterschiede der Städte – in einer Partnerschaft besiegelt werden muss.
Im Prinzip haben die extremen Umstände durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, sowie die hiervon stark betroffene Stadt Mykolajiw den schnellen und intensiven Kontakt und die Partnerschaft hervorgerufen. Die Stadt Bedburg wollte einen Beitrag nach Ausbruch des Krieges leisten, die Menschen aus Mykolajiw, die nach Bedburg gekommen sind, haben quasi die Entscheidung getroffen, mit welcher Stadt dies sein könnte.
3. Hatten Sie im Vorfeld Kontakt mit anderen Kommunen / sonstigen Akteuren? Leisten Sie Nothilfe und sind darüber hinaus eine Solidaritätspartnerschaft eingegangen?
Wir haben Kontakt mit Netzwerkstellen und weiteren Kommunen in NRW, die Solidaritätspartnerschaften pflegen. Wir nehmen gerne an Austauschplattformen der Auslandsgesellschaft NRW und SKEW teil. Wir leisten zum Teil Nothilfe, soweit es unsere Kapazitäten und Finanzen es uns ermöglichen.
4. Was waren bisherige Erfolge Ihrer Partnerschaft?
- Aufnahme von Menschen aus Mykolajiw (ca. 300-350, die Zahlen wechseln)
- Ausstellung „Gesichter der Flucht“ à Die Ausstellung thematisiert die individuellen Geschichten von Menschen aus Mykolajiw, die nach Bedburg flüchten mussten
- Café Klitschko sowie ein weiteres Begegnungscafé im Frühjahr und Sommer 2022
- Regelmäßige Hilfeleistungen und Hilfstransporte des Bedburger Vereins „Mykolajiw Hilfe Bedburg“ nach Mykolajiw
- Hilfstransport der Stadt Bedburg und des Rotary Club Rhein-Erft von PAULS (Wasseraufbereitungsbehälter) nach Mykolajiw
- Hilfstransport von drei Geländewägen der Stadt Bedburg und Cities4Cities nach Mykolajiw
- Begegnungscafes der geflüchteten Menschen im Haus der Begegnung
- Teilnahme der UkrainerInnen bei sehr vielen gesellschaftlichen Aktionen in der Stadt, z.B. Karnevalszug, Weltkindertag, Weltfrauentag, Demokratiekonferenz, Zukunftskonferenz, Karnevalssitzungen usw.
5. Ihr Tipp an andere Kommunen und Kreise: was sind gute Wege, um Fördermittel / Spenden zu erhalten?
SKEW Fördermittel, Cities4Cities und Austauschplattformen nutzen, um von bereits vorhandenen Erfahrungswerten anderer Kommunen zu lernen.
6. Wie steht es mit den personellen Mitteln für die Partnerschaftsbetreuung?
Ca. 20% einer Stelle steht der Stadt Bedburg für die Städtepartnerschaftsarbeit zur Verfügung.
7. Inwieweit sind kommunale Versorger in die Partnerschaft eingebunden?
Gar nicht.
8. Wie ist die Zivilgesellschaft Ihrer Kommune eingebunden?
Ja! Die Zivilgesellschaft spielt eine große Rolle in der Städtepartnerschaftsarbeit. Durch die Solidaritätspartnerschaft wurde kürzlich der Städtepartnerschaftsverein Bedburg e.V. gegründet. Außerdem besteht die eigens organisierte Gruppe Mykolajiw Hilfe Bedburg nun seit knapp 1,5 Jahren à Es werden Begegnungen organisiert, wie auch Hilfstransporte von Gütern nach Mykolajiw. Außerdem besteht ein regelmäßiger Austausch der Aktiven und der Stadt Bedburg.
9. Konnten Sie im Rahmen von Kooperationen mit anderen NRW-Kommunen/ Kreisen Synergien nutzen oder planen Sie solche?
Wir konnten durch Erfahrungen von umliegenden Kommunen lernen, wie beispielsweise der Stadt Hürth in Bezug auf den Transport von Großfahrzeugen, wie auch von Austauschplattformen der SKEW und Auslandgesellschaft.
10. Inwieweit sind Ihre anderen internationalen Partnerschaften in die Partnerschaft mit der Ukraine eingebunden?
Noch nicht, aber für die Zukunft geplant.
11. Sind auf Seiten Ihrer Stadt Personen aus der ukrainischen Auslands-Community und / oder Geflüchtete aus der Ukraine in der Partnerschaft aktiv?
Nein, nicht im Partnerschaftsverein. Aber sie waren bei der Gründung dabei und unterstützen bei allen Anfragen bezüglich Feste, Auftritte etc.
12. Gibt es weitere Akteure in der Partnerschaft, oder weitere Bereiche, in denen Kontakte bestehen und Austausch stattfindet (z.B. zwischen Schulen, Hochschulen, Kliniken, Unternehmen, im Bereich Kultur, Sport etc.)?
Nein. Aktuell nicht, Schulen waren am Anfang eingebunden und dies ist für die Zukunft wieder geplant. Mit Krankenhäuser hatten wir Kontakte und Hilfesuchen, auch Unternehmen und der Lions Club sowie der Rotary Club waren eingebunden. Eine verstärkte Beteiligung ist künftig geplant und erwünscht.
Frau Noddeland, wir danken Ihnen für das Interview.
Das Interview führte Beate Brockmann
Fotos: pixabay
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Die Festigung der Städtepartnerschaften in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit Kommunen und Zivilgesellschaft steht im Mittelpunkt unseres Projekts.