Interview mit SKEW

Das Netzwerk deutsch-ukrainischer Partnerstädte

© Engagement Global gGmbH

Die Servicestelle Kommunen der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global unterstützt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bereits seit 2015 ein Netzwerk mit inzwischen über 70 kommunalen Partnerschaften. Ein neunköpfiges Team in Deutschland und der Ukraine stellt Vernetzungs-, Beratungs- und Förderangebote zur Verfügung. Projektleiterin Tamara Vukovic zum Projekt „Kommunale Partnerschaften mit der Ukraine“.

Die SKEW betreut seit 2015 ein Netzwerk von inzwischen über 70 kommunalen Partnerschaften mit der Ukraine. Inwiefern ist es in der derzeitigen Situation des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine überhaupt möglich, diese Netzwerkarbeit fortzusetzen?

Wenn die Corona-Zeit uns etwas Gutes gebracht hat, dann die Digitalisierung vieler Prozesse. Auch die kommunalen partnerschaftlichen Beziehungen wurden in den Jahren des Lockdowns in beiden Ländern oft im digitalen Raum gepflegt. 18 Projekte wurden in den letzten zwei Jahren durch die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global finanziert und erfolgreich durchgeführt. Das zeigt, dass Zusammenarbeit über Grenzen hinweg trotz Hürden und Krisen möglich ist. Seit Russland die gesamte Ukraine im Februar 2022 angegriffen hat, beobachten wir sogar eine Reaktivierung der kommunalen Beziehungen. Auch schwache Kontakte und Verbindungen auf lokaler Ebene wurden genutzt, um schnell und unbürokratisch akut benötigte Unterstützung zu leisten. Die Vernetzung untereinander hat es ermöglicht, durch direkten Austausch in der Ukraine und in Deutschland (auch mithilfe der Vernetzungsformate der SKEW) direkte Bedarfe zu kommunizieren, schnell an Informationen zu formellen Vorgaben zu kommen und die Unterstützung unter den Kommunen zu ergänzen. Am Beispiel Irpin zeigte sich, dass die Netzwerkarbeit der vergangenen Jahre auch die ukrainischen Städte näher zusammengebracht hat – die Flucht gelang vielen Bürgerinnen und Bürgern über die Nachbarstädte, die sie aufnahmen, weil die Städte einander kannten. Städte wie Leipzig oder Freiburg haben mehrere Millionen Euro mobilisiert, um sofort zu helfen, und wir vernetzen sie mit anderen Kommunen, damit sie ihr Wissen und ihre Erfahrung teilen können. Die Vernetzung in diesen Zeiten ist auch ein wichtiges Zeichen der Solidarität, denn ukrainische Partnerkommunen sind bei diesen Online-Treffen dabei.
Die Schwerpunkte der kommunalen Arbeit in der Ukraine haben sich natürlich verschoben, aber die bestehenden Kontakte nach Deutschland werden weiterhin gepflegt und konstruktiv zur Bewältigung aktueller Herausforderungen eingesetzt. 
Mittel- bis langfristig kann das Netzwerk der deutsch-ukrainischen kommunalen Partnerschaft eine wichtige Rolle in der Entwicklung nach dem Krieg und im EU-Integrationsprozess der Ukraine spielen.

Aus ganz Deutschland erreichen Sie mittlerweile Anfragen von Kommunen, die sich eine ukrainische Partnerschaft wünschen. Handelt es sich dabei um mehr als symbolische Unterstützung?

Wir haben tatsächlich über 30 solcher Anfragen für sogenannte Solidaritäts-Partnerschaften erhalten. Die Motivation für solche Initiativen ist tatsächlich oft, Solidarität zu bekunden. Eine internationale Partnerschaft ist für deutsche Kommunen immer eine zusätzliche Aufgabe, die auch aus bestimmten Anlässen oder historischen Ereignissen entstehen kann. So sind zum Beispiel einige Städtepartnerschaften mit ukrainischen Städten nach dem Zweiten Weltkrieg als Zeichen der Völkerverständigung und –versöhnung entstanden und haben seitdem einen großen Beitrag für deutsch-ukrainische Beziehungen und in den letzten Jahren besonders im Transformationsprozess der Ukraine geleistet.

So sind wir sicher, dass kommunale Beziehungen, die zunächst als symbolische Unterstützung anfangen, zum Wiederaufbau und zur Eingliederung der Ukraine in europäische Strukturen beitragen werden.
Aber auch um gemeinsame Herausforderungen der Zukunft zu schultern, werden neue internationale Beziehungen zwischen den Kommunen für beide Seiten eine Bereicherung sein. Als Beispiel können solche Themen wie Digitalisierung und Smart City genannt werden, wo ukrainische Partner jetzt schon wichtige Impulse für deutsche Kommunen geben können.
Wir gehen davon aus, dass ganz unterschiedliche Entwicklungen stattfinden können – von kurzfristiger Hilfe bis hin zu langjährigen Partnerschaften, und wir leisten dazu unseren Beitrag, indem wir die Partnerschaften durch Beratung und Finanzierungsleistungen auf beiden Seiten – Ukraine und Deutschland – unterstützen.

Von der Aufnahme erster Kontakte bis zur Unterzeichnung formeller Partnerschaftsverträge können im Normalfall mehrere Jahre vergehen. Was sind Ihre Erfahrungen damit in der aktuellen Situation?

Es ist tatsächlich so, dass einige Zeit vergehen kann bis ein formeller Partnerschaftsvertrag abgeschlossen werden kann. Es braucht Zeit, um Kontakte und Verbindungen zwischen zwei Kommunen, den Kooperationspartnern und der Zivilgesellschaften aufzubauen. Doch um eine feste Struktur für eine langfristige Partnerschaft aufbauen zu können, muss man beim Kontakteknüpfen und mit ersten gemeinsamen Projekten anfangen.

Die SKEW unterstützt hier deutsche Kommunen bedarfsgerecht, auch um diese Anbahnungsphase konstruktiv zu gestalten. Es bedarf keiner formalisierten Partnerschaft, um förderberechtigt zu sein.

Was können Kommunen tun, die im Rahmen bestehender Städtepartnerschaften mit Nachbarländern der Ukraine Unterstützung leisten möchten?

Besonders mit Polen gibt es viele parallele partnerschaftliche Verbindungen deutscher und ukrainischer Kommunen, aber auch Kommunen anderer EU-Länder pflegen rege Beziehungen in die Ukraine. Es lohnt sich zu schauen, mit welchen Kommunen in der Ukraine die Partner verbunden sind und an die bestehende Zusammenarbeit mit eigener Expertise und Ressourcen anzuknüpfen.

Interview: Beate Brockmann

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