Kollegialer Austausch zwischen NRW-Kommunen und -Kreisen mit ukrainischer Partnerschaft | 21.06.2023
Am 21.06.2023 fand unser erster „Kollegialer Austausch” statt. Das Prinzip ist einfach; während wir alle zwei Monate zu einem Fachaustausch einladen, geht es in den dazwischenliegenden Monaten im „Kollegialen Austausch“ um einen „freien“ Austausch, also nicht themengebunden. Die Teilnehmenden bringen ihre eigene Themen mit, wir gehen auf ihre aktuellen Fragen ein, und Beratung und Lösungsideen erfolgen aus dem Kolleg*innenkreis.
Die erste Ausgabe des „Kollegialen Austauschs“ zwischen NRW-Kommunen und -Kreisen mit ukrainischer Partnerschaft stieß auf großes Interesse: Vertreter*innen von siebzehn Kommunen und Kreisen waren vertreten, von denen bereits sieben eine ukrainische Partnerschaft abgeschlossen haben. Weitere fünf berichteten über einen Prüfauftrag von Seiten ihres Rats bzw. Kreistags, die übrigen waren in ersten Überlegungen zu einer Partnerschaft. So drehten sich die mitgebrachten Fragen und Anliegen auch vor allem um Themen wie Partnerschaftsanbahnung, Kriterien für die Partnersuche und Möglichkeiten trilateraler Partnerschaften sowie erste Schritte im Bereich des Verwaltungsaustauschs.
Partnerschaftsanbahnung
Wie bereits im Fachaustausch zu neuen Partnerschaften mit der Ukraine vom 7. Juni 2023 angesprochen (https://staedtepartnerschaftennrw.org/bericht-1-informationsveranstaltung/) wurde insbesondere empfohlen, eine neue Partnerschaft zunächst auf Zeit abzuschließen, so dass nach einer Prüfphase gemeinschaftlich über das weitere Vorgehen beschlossen werden kann.
Musterverträge für Partnerschaften, die man als Vorlage nutzen und nach dem jeweiligen Fokus/Ausrichtung anpassen kann, stellt der RGRE/Deutsche Sektion auf seiner Website zur Verfügung.
https://www.rgre.de/partnerschaft/tipps-und-hinweise/vertraege
Kriterien für die Partnersuche
Bei den Kriterien für die Partnerwahl wurden insbesondere die strukturellen Merkmale betont: besonders häufig genannt wurden etwa ähnliche Einwohnerzahl, gleiche Interessensgebiete, sowie eine vergleichbare Wirtschaftsstruktur.
Wichtig sind zudem ähnliche Kompetenzen: so entsprechen sich zwar die Kompetenzen in den Kommunen auf deutscher und ukrainischer Seite weitgehend, auf Kreis- bzw. Rayon-Ebene ist dies jedoch derzeit weniger klar, da die Auswirkungen der Dezentralisierungsreform in der Ukraine, die über die vergangenen Jahre stattfand, hier viel verändert haben. So ist es empfehlenswert, bei der Partnerschaft eines Kreises mit einem Rayon konkrete Projekte möglichst auf kommunaler Ebene, also zwischen den kreisangehörigern Kommunen auf jeder Seite, anzusetzen. Hintergründe zur Dezentralisierungreform in der Ukraine finden sich hier: https://staedtepartnerschaftennrw.org/auftaktveranstaltung-reallabor-kommunaler-aufbaupartnerschaften-nrw-ukraine/.
In der Diskussion zeigte sich, dass Vertreter*innen von kreisangehörigen Kommunen mit Interesse an einer ukrainischen Partnerschaft ebenso zugegen waren wie Vertreter*innen der jeweils entsprechenden NRW-Kreise, welche ebenfalls Interesse an einer ukrainischen Partnerschaft hatten. So konnte direkt eine Vernetzung erfolgen, um hier beim Abschluss von künftigen Partnerschaften auch auf ukrainischer Seite spätere Synergieeffekte zu erleichtern.
Möglichkeiten trilateraler Partnerschaften
Mehrere Kommunen berichteten, über ihre polnischen oder weitere Partnerkommunen insbesondere in Mittel- und Osteuropa Kontakte zu ukrainischen Kommunen hergestellt zu haben, und künftig gemeinsam trilateral arbeiten zu können bzw. dies bereits zu tun.
Gerade vor der großen Herausforderung, die die akuten Hilfsbedarfe ukrainischer Kommunen für ihre deutschen Partner darstellen, kann es dabei hilfreich sein, wenn sich mehrere Kommunen auf deutscher Seite für eine gemeinsame Partnerschaft entscheiden. Einen Präzedenzfall dafür gibt es beispielsweise in den deutsch-deutschen Partnerstädten Erlangen in Bayern und Jena in Thüringen. Bereits im Frühsommer 2022 hatten die beiden Partnerstädte Kontakt zu Browary, einer im 17. Jahrhundert gegründeten 100.000-Einwohner-Stadt in der Nähe von Kiew, aufgenommen und im Herbst 2022 gemeinsam den Beschluss gefasst, mit der ukrainischen Kommune eine Solidaritätspartnerschaft einzugehen. Weitere Informationen dazu:
https://www.staedtetag.de/themen/ukraine/ukraine-hilfe-der-staedte/2023/lichter-fuer-die-ukraine-solidaritaet-mit-browary
https://skew.engagement-global.de/landkarte-deutsch-ukrainischer-kommunalbeziehungen.html?partner=222#tm).
Dass eine Partnerschaft nicht exklusiv immer nur mit einer einzigen Kommune aus einem Partnerland geschlossen werden muss, auch wenn dies in Deutschland bislang zumeist der Fall war, belegt auch eine Studie zu deutsch-polnischen Städtepartnerschaften aus dem Jahr 2020. In dieser Studie „Suchen, was uns verbindet. Entwicklung, Chancen und Herausforderungen Deutsch-Polnischer Städtepartnerschaften“ weist das Deutsche Polen-Institut darauf hin, dass im Gegensatz zu den deutschen Städten viele polnische Städte Partnerschaften mit mehreren deutschen Städten gleichzeitig pflegen. (https://www.deutsches-polen-institut.de/assets/downloads/einzelveroeffentlichungen/Miasta-DE-www.pdf S. 14, S. 126)
Erste Schritte im Bereich des Verwaltungsaustauschs
Wie kann bei einer noch jungen Partnerschaft ein erfolgreicher Fachaustausch etabliert werden? Auch wenn derzeit angesichts der weiterhin bestehenden Notlage der ukrainischen Kommunen weiterhin die Nothilfe im Vordergrund steht, beschäftigen sich bereits viele Kommunen in NRW mit der Frage künftiger gemeinsamer Projekte. Gute Erfahrungen beim Kennenlernen und Vernetzen der Verwaltungsbereich auf beiden Seiten wurden etwa dann gemacht, wenn die ukrainischen „Pendants“ zu einer Hospitation zu bestimmten Fachthemen nach NRW eingeladen werden konnten, aber auch, wenn bei Delegationsreisen die Gelegenheit zu persönlichem Austausch gegeben wurde. Aufgrund der außerordentlichen Belastung der ukrainischen Kommunalverwaltungen durch das Kriegsgeschehen und die zahlreichen Binnengeflüchteten sei allerdings zu berücksichtigen, dass die Personalkapazitäten auf ukrainischer Seite dafür oft sehr gering seien.
Eine Schlussrunde unter den Teilnehmenden ergab, dass der freie kollegiale Austausch als sehr hilfreich empfunden wurde. Weitere Termine zum Kollegialen Austausch im Rahmen des Projekts „Reallabor Kommunaler Aufbaupartnerschaften NRW-Ukraine“ werden daher folgen.
Über uns
Die Festigung der Städtepartnerschaften in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit Kommunen und Zivilgesellschaft steht im Mittelpunkt unseres Projekts.